Anregung zur Mülheimer Brücke: Bauphase 2 als Verkehrsversuch nutzen und Fahrspuren nach Abschluss der Sanierung umwidmen

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit Jahren beobachten wir (BI Buchforst Mobil) die Sanierung der Mülheimer Brücke. Von Anfang an gab es leider keine Aussichten, dass sich die Situation für den Fuß- und Radverkehr nach Abschluss der Sanierung wesentlich verbessern wird. Weder sind eine Trennung der gemeinsamen Geh/Radwege, eine wesentliche Verbreiterung der gemeinsamen Geh/Radwege oder neue Rampen für Radfahrende und Fußgänger*innen geplant. Dabei ist die Mülheimer Brücke die einzige feste Rheinquerung für den Fuß- und Radverkehr zwischen Zoobrücke und Leverkusener Autobahnbrücke, wobei auch die Zoobrücke aufgrund des autobahnähnlichen Charakters allein wegen der Lautstärke eher eine Zumutung für den Fuß- und Radverkehr ist.

Daher erheben wir die folgenden Forderungen:

  1. Die Bauphase 2 im Jahr 2024 wird als Verkehrsversuch mit verschiedenen Konstellationen der KfZ-Führung genutzt.
  2. Nach Abschluss der Sanierung (Frühestens Ende 2026) wird je Fahrtrichtung eine Fahrspur in einen Radweg umgewandelt.
  3. Die Brücke wird auch nach der Sanierung für Schwerlastverkehr ab 3,5 t, mind. ab 7,5 t gesperrt.

Im Einzelnen:

Zustand vor der Sanierung und geplanter Zustand nach der Sanierung

Die folgende Zeichnung der Stadt Köln zeigt den Zustand der Brücke, wie er nach Abschluss der Sanierung für über 300 Mio. € aussehen soll. Verbesserung der nutzbaren Breite für den Fuß- und Radverkehr bewegen sich im Bereich von Zentimetern: anlage01

Aktuelle Vorlage zur Bauphase 2

Für das Jahr 2024 ist nach der aktuellen Vorlage 0558/2023 eine Sperrung der Mülheimer Brücke für KfZ in Fahrtrichtung Mülheim für 9 Monate beabsichtigt. Gemäß der Vorlage käme grundsätzlich auch eine Sperrung in Fahrtrichtung Riehl in Betracht. In diesem Zeitraum soll für 7 Monate die Stadtbahn in beide Richtungen unterbrochen werden.

Nutzung der Bauphase 2 als Verkehrsversuch

Diese Sperrung bzw. der Zeitraum sollte genutzt werden, um eine verlässliche Planungsgrundlage für eine Neuaufteilung des Straßenraums auf der Brücke nach Abschluss der Sanierung (frühestens Ende 2026) zu gewinnen. Daher schlagen wir vor, dass in den 9 Monaten folgende Sperrungen für KfZ durchgeführt werden:

  • 3 Monate Sperrung in Fahrtrichtung Mülheim (wie geplant, SEV gegen Uhrzeigersinn).
  • 3 Monate Sperrung in Fahrtrichtung Riehl (Drehung des SEV, dann im Uhrzeigersinn).
  • 3 Monate Sperrung für MIV in beide Richtungen (SEV als ampelgesteuerter Pendelverkehr, dadurch temporär erhebliche Verbesserung für ÖPNV-Nutzer*innen)

Die Sperrung für KfZ in beide Richtungen sollte den Zeitraum der Sommerferien erfassen. Damit würde diese Sperrung für 6 Wochen in einer verkehrsarmen Zeit stattfinden. In den übrigen 6 Wochen würden die Auswirkungen auf den üblichen Verkehr gemessen werden können. Für einen solchen Verkehrsversuch bildet § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 2. HS StVO eine taugliche Rechtsgrundlage:

„Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie […] zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.“

Bezüglich der kurzzeitigen Sperrung für den MIV ist zu beachten: Dies bedeutet eine kurzzeitige Einschränkung des MIV in beide Fahrtrichtungen (lediglich 3 Monate von 8 Jahren). Allerdings ist für Menschen ohne KfZ, die auf den ÖPNV angewiesen sind, ebenso eine erhebliche Einschränkung durch den SEV über die Zoobrücke vorgesehen, und zwar für 7 Monate! Bei einem SEV-Pendelverkehr könnte diese Einschränkung zumindest für 3 Monate erheblich reduziert werden. Letztlich wäre die dargelegte Aufteilung also eine faire Lösung für alle Verkehrsträger. Der Fuß- und Radverkehr teilt sich übrigens seit 4 Jahren eine enge Buckelpiste mit Gefahrenstellen an den Pylonen. Am Ende werden es mind. 8 Jahre in diesem Zustand sein.

Aktuelle Verkehrssituation für KfZ auskömmlich trotz Einspurigkeit

Bereits die derzeitige Einschränkung auf eine KfZ-Fahrspur je Richtung hat gezeigt, dass der KfZ-Verkehr automatisch zurückgeht und der verbleibende Verkehr sich gut verteilt. Hier gilt der mittlerweile anerkannte, wissenschaftliche Grundsatz, dass einerseits mehr Straßen zu mehr Verkehr führen. Aber auch bei „weniger Straßen“ gibt es automatisch weniger Verkehr:

„Die Ergebnisse bekräftigen die allgemeine Schlussfolgerung der ursprünglichen Studie, nämlich dass gut konzipierte und umgesetzte Maßnahmen zur Umwidmung von Straßenraum dazu beitragen können, die Bedingungen für Fußgänger, Radfahrer und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel zu verbessern, ohne dass es zu einer erheblichen Zunahme von Staus oder anderen damit verbundenen Problemen kommt.“

-- Sally Cairns, Stephen Atkins, Phil Goodwin: Disappearing traffic? The story so far. In: Municipal Engineer. 151. Jahrgang, Nr. 1, 2002, S. 13–22 (Link).

Umwidmung von Fahrspuren nach Abschluss der Sanierung

Nach Abschluss der Sanierung sollte daher, auf Grundlage der Daten des Verkehrsversuchs im Jahr 2024, je eine Fahrspur als Fahrradstreifen umgewandelt werden. Nur eine solche Umwandlung würde der Bedeutung der Brücke für den Fuß- und Radverkehr gerecht werden. Die Brücke bildet eine wichtige Verbindung für den Radverkehr und schließt unmittelbar an die Rheinuferradwege, die geplante Radverkehrsführung Niehler Gürtel und die RadPendlerRouten im Rechtsrheinischen an.

Die Maßnahme ist auch deshalb erforderlich, weil anderweitige Verbesserungen für den Radverkehr über den Rhein nicht absehbar sind. Sollte diese Maßnahme an der Mülheimer Brücke nicht umgesetzt werden, wird sich wahrscheinlich in den nächsten 10-15 Jahren keine wesentlichen Verbesserungen für den Radverkehr über den Rhein ergeben. Wir sprechen hier von Zeiträumen bis 2033 oder sogar 2038!

Variante 1: Umwidmung der jeweils rechten Spur

Die Fahrradstreifen sollten mit überfahrbaren Schwellen gesichert werden. So entstünde auch eine „Rettungsgasse“ für alle Einsatzfahrzeuge. Radfahrende könnten im Fall der Fälle sofort auf den Gehweg ausweichen und Platz machen. Für Einsatzfahrzeuge wäre dies also sogar eine Verbesserung. Denn bei 2 KfZ-Streifen je Richtung kann im Fall eines Staus keine ausreichende Rettungsgasse gebildet werden, da die Fahrbahn zu schmal ist. anlage02

Variante 2: Bündelung der Verkehrsträger

Alternativ könnte der KfZ-Verkehr auf einer Seite gebündelt werden, z.B. der Südseite. Auf der Nordseite würde dann die gesamte Fahrbahnbreite für den Radverkehr zur Verfügung stehen. Dann wären sogar Veranstaltungen auf der Mülheimer Brücke möglich, z.B. ein Brückenmarkt oder ein Bürgerfest zur Verbindung der beiden Rheinseiten.1 Bei dieser Variante würden auch erhebliche Flächen im Bereich der Rampen und Zufahrten neu zur Verfügung stehen für Entsiegelung oder z.B. zur Aufstellung von Containern nach aktuellem Bedarf. Diese Variante würde aus der Mülheimer Brücke quasi kostenlos eine zumindest halbseitige Umweltbrücke machen! anlage03

Einschränkung des Schwerlastverkehrs

Mit dem parallel erfolgenden Neubau der Leverkusener Autobahnbrücke und später der Sanierung Zoobrücke (Stadtautobahn) kann der Schwerlastverkehr dauerhaft von der Mülheimer Brücke ferngehalten werden. Das sorgt nicht nur für weniger Durchgangsverkehr im Herzen von Mülheim, sondern auch für bessere Luftwerte und weniger Lärm. Außerdem würde ohne Schwerlastverkehr die für über 300 Millionen € sanierte Brücke viel länger bis zur nächsten Sanierung halten als mit uneingeschränkten Schwerlastverkehr. Die Sperrung sollte ab 3,5 t greifen, alternativ jedenfalls ab 7,5 t.

Abschließende Bemerkungen

Beide Varianten sind mit wenig Planungs- und kaum Bauaufwand verbunden. Sie würden trotzdem eine erhebliche Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs darstellen. Auch der Fußverkehr würde erheblich an Attraktivität gewinnen, da erstmals breite, ausschließliche Fußwege zur Rheinquerung zur Verfügung stünden. Diese echte Trennung von Fuß- und Radverkehr über den Rhein ist bisher auf Kölner Stadtgebiet lediglich auf der lärmenden Zoobrücke gegeben.

Langfristig wäre eine Verbesserung durch neue Rampen denkbar. Leider wurde versäumt, hier trotz des kompletten Neubaus der Deichbrücken solche Rampen zum direkten Anschluss an die Rheinradwege zu planen. Zumindest sollte zeitnah eine kleine Rampe am Buchheimer Parkplatz umgesetzt werden.

Zu guter Letzt möchten wir die ursprünglich geplante Aufteilung der Brücke aufzeigen. Bereits in den 1950er Jahren war man weiter, was die Verkehrswende betrifft, gab es doch getrennte Geh- und Radwege auf der Brücke. anlage04

Falls Sie weitere Rückfragen haben, können Sie sich gerne an uns wenden.

Mit freundlichen Grüßen